Buddhismus: Missbrauch im Namen der Erleuchtung

Am 13. September hat der Fernsehsender ARTE in der Reihe „Religion und Missbrauch“ eine Reportage über Missbrauchsfälle in buddhistischen Gemeinschaften ausgestrahlt. Der Beitrag ist noch bis zum 11. November 2022 in der Mediathek des Senders und auf YouTube zu sehen. Die Deutschen Buddhistischen Union hat am 21. September 2022 die folgende Stellungnahme zu der Reportage veröffentlicht. 

In der ARTE-Reportage kamen Opfer verschiedener Missbrauchsfälle zu Wort. Sie berichteten von sexualisierter Gewalt durch die buddhistischen Lehrer Sogyal Lakar und Robert Spatz (Lama Kunzang). Letzterer hat sexualisierte Gewalt auch gegen Kinder ausgeübt. Von ihren Eltern alleingelassen, waren diese Kinder besonders schwerem Leid ausgesetzt. Davon berichtet die Dokumentation. 

Der Vorstand und der Rat der Deutschen Buddhistischen Union drücken allen Opfern sexualisierter Gewalt ihr tiefes Mitgefühl aus. Sowohl persönlich wie auch als Repräsentantinnen und Repräsentanten des Buddhismus sind wir über Gewalt im Buddhismus erschüttert, der als Praxis und Weltanschauung der Friedfertigkeit und umfassenden Gewaltfreiheit gemeint ist und ausgeübt werden sollte. Die DBU lehnt jede Art von Missbrauch ab, ob durch Sexualität, Geld oder Macht. Strukturen und Praktiken, die das ermöglichen, sind in keiner Weise vereinbar mit den Grundsätzen der buddhistischen Ethik. 

Der Regisseurin Élodie Emery und dem Regisseur Wandrille Lanos des Films möchten wir für ihre Aufklärungsarbeit danken. Einige ihrer Recherchemethoden und -ergebnisse werden derzeit im Netz kontrovers diskutiert. Vor allem spitzt ihre Dokumentation die Kritik auf zwei Personen zu: den Dalai Lama und Matthieu Ricard, die sich nicht genügend gegen Missbrauch eingesetzt hätten. Das wird leider der komplexen Thematik nicht gerecht, denn weder haben diese beiden sich an einer Mauer des Schweigens beteiligt noch besitzen sie eine besondere Allmacht in der buddhistischen Welt – noch kommt zur Sprache, dass die 

Netzwerke des Schweigens und Vertuschens weit hineinreichen in die buddhistischen Gemeinschaften und leider auch Dachverbände. Sie von der kritischen Selbstreflexion zu entlasten, halten wir für nicht förderlich. 

An der Grundaussage der Dokumentation ist allerdings nicht zu rütteln: Es hat sexualisierte Gewalt in buddhistischen Gemeinschaften gegeben und diese wurden teils jahrzehntelang gedeckt. 

Als DBU setzen wir uns seit einigen Jahren intensiv in verschiedenen Gremien mit dem Thema Missbrauch auseinander und haben festgestellt, dass es einigen buddhistischen Gemeinschaften und Traditionen leider an verlässlichen Strukturen und sicheren Vorgehensweisen mangelt, um Missbrauch ansprechen und einschränken zu können. Deshalb erfahren Betroffene oder Whistleblower Denunziationen, wenn sie auf die Missstände aufmerksam machen möchten. 

Als DBU sind wir uns dieser Problematik bewusst und haben deshalb für unsere Mitgliedsgemeinschaften und Einzelmitglieder eine Freiwillige Ethische Selbstverpflichtungerarbeitet und mehrheitlich auf der DBU-Mitgliederversammlung verabschiedet. Viele unserer Mitgliedsgemeinschaften sind ihr schon beigetreten, einige haben sich eigene Ethik-Richtlinien gegeben; wir werben derzeit um weitere Beitritte der Mitgliedsgemeinschaften zur Selbstverpflichtung. 

Außerdem haben wir Vertrauenspersonen für Missbrauchsopfer benannt, die bereits wertvolle Gespräche führen konnten. Weitere Maßnahmen (wie Aufklärungsarbeit, Dokumentation von Fällen) bringen wir mit Hilfe der Arbeitsgemeinschaft Ethik der DBUderzeit auf den Weg. 

Die DBU ist entschlossen, den Weg der Aufklärung über Missbrauch und sexualisierte Gewalt, der Aufarbeitung vergangener und der Verhinderung neuer Fälle weiterzugehen. Strukturen, Praktiken und Denkweisen, die Missbrauch ermöglichen, müssen sich ändern. Wir bitten alle Einzelmitglieder und Mitgliedsgemeinschaften der DBU, uns dabei zu unterstützen. 

Außerdem empfehlen wir, die Reportage „Buddhismus: Missbrauch im Namen der Erleuchtung“ anzusehen. Diese ist noch bis zum 11. November 2022 online.

Vorstand, Rat und AG Ethik der DBU

 

ARTE-Doku, noch bis zum 11. November 2022 online:

www.arte.tv/de/videos/095177-000-A/buddhismus-missbrauch-im-namen-der-erleuchtung/