Aufbruch ins Ungewisse

2. Dezember 2024 | _Alle | Kongresse und Tagungen | Veranstaltung | Wissenschaft

Der Kongress Meditation & Wissenschaft 2025 diskutiert Achtsamkeit als gesellschaftliches Phänomen 

16. und 17. Mai 2025 in Berlin

Der Kongress Meditation & Wissenschaft 2025 diskutiert Achtsamkeit als gesellschaftliches Phänomen 

Inzwischen ist das Wort Achtsamkeit in aller Munde – häufig auch kritisch oder ironisch. Kein Wunder, dass der um sich greifende Trend, nahezu alle Alltäglichkeiten zu ver-achtsamen, Fragen aufwirft. Seitdem die Forschung insbesondere in der Medizin viele heilsame Wirkungen von Meditation bestätigt hat, wird Achtsamkeit gerne zum Allheilmittel stilisiert. Doch gibt es hier nicht auch Grenzen? Oder auch gänzlich andere Potenziale, die bisher zu wenig betrachtet wurden? 

Der Kongress Meditation & Wissenschaft, der von drei Stiftungen und 2025 auch einem Tagungshaus getragen wird, begleitet diese Entwicklungen seit 2010 kontinuierlich und kritisch. Denn seit die Basics der Grundlagenforschung die Mitte der Gesellschaft erreicht haben, kann man – und muss man vielleicht sogar – fragen, ob Meditation und andere Praktiken der Bewusstseinskultivierung auch gesellschaftliche Bedeutsamkeit haben. Im Mainstream herrscht heute vor allem das Bild des alleine vor sich hin Meditierenden vor. Menschen nutzen Achtsamkeit, um runterzukommen vom alltäglichen Stress. Sie erhoffen sich persönliches Wohlbefinden und eine bessere Gesundheit. Je ausufernder jedoch die Krisenszenarien werden, in denen wir uns befinden, umso mehr tritt auch die Frage in den Vordergrund, ob diese ganz individuellen, auf das Private ausgerichteten Formen der Achtsamkeitspraxis ausreichend sind für eine gesellschaftliche Transformation. Vor diesem Hintergrund lädt der Kongress Meditation & Wissenschaft 2025, der am 16. und 17. Mai 2025 in Berlin stattfinden wird, zu einem »Aufbruch ins Ungewisse« ein und möchte vor allem die gesellschaftliche Relevanz von Meditation in den Blick nehmen.

Kongress Meditation und Wissenschaft 2018
Kongress Meditation und Wissenschaft 2018

So wird beispielsweise der Philosoph und Kognitionswissenschaftler Thomas Metzinger auf dem Kongress fragen: »Wie bewahrt man seine Selbstachtung in einer historischen Epoche, in der die Menschheit ihre Würde verliert?« In seiner vorläufigen Antwort schimmert durch, dass Bewusstseinskultivierung künftig zu einer gesellschaftlichen Praxis werden könnte: »Wir brauchen ein neues Leitbild für die planetare Krise. Intellektuelle Redlichkeit, Mitgefühl und eine bestimmte Form von innerer Bewusstheit sind das, was wir für mentale und politische Resilienz dringend brauchen. Der Begriff einer >Bewusstseinskultur< bildet den Ausgangspunkt für eine neue Debatte: Was wäre, wenn unser Ziel nicht gewesen wäre, auf dem Mars zu landen, sondern im reinen Bewusstsein?« Doch was braucht es, damit aus meditativen Selbstoptimierungsstrategien gesellschaftliche Bewegungen des Aufbruchs werden können?

Im Kongressprogramm finden sich verschiedene Vorstöße, die andeuten, wie ein solcher Weg beschritten werden könnte. Die Neurowissenschaftlerin Tania Singer etwa zeigt mit ihrer Grundlagenforschung zur unterschiedlichen Wirkung verschiedener Meditationsformen, dass gemeinschaftliche Achtsamkeitspraktiken – in ihrer Forschung am Beispiel der Dyaden-Praxis – neue Kulturen des Miteinanders unterstützen könnten. Kazuma Matoba von der Universität Witten/Herdecke wird den Ansatz des »Global Social Witnessing« vorstellen, eine Methode kontemplativer sozialer Achtsamkeit. Soziale Achtsamkeit ist auch das Thema von Arawana Hayashi, die in Zusammenarbeit mit Otto Scharmer das »Social Presencing Theater« (SPT) entwickelt hat, eine meditative Form der Aufstellungsarbeit. »Social Presencing Theater enthüllt die Weisheit in jedem sozialen System und unterstützt die Bewegung hin zu einer gesünderen Zukunft. Es bezieht die verkörperte Präsenz und das verkörperte Wissen ein. Und es kultiviert das Bewusstsein für das soziale Feld und den Raum der Kreativität«, sagt Hayashi. Sie wird den Ansatz live vorstellen, und die Teilnehmenden des Kongresses sind bei einer praktischen Anwendung auf der Bühne mit dabei, angeleitet von dem SPT-Facilitator Dirk Bräuninger. 

In einer Podiumsdiskussion mit dem Philosophen Michael Hampe, dem Zen-Meister Alexander Poraj und der Psychologin Liane Hofmann, wird Gert Scobel Fragen stellen wie diese: »Was macht Meditation in einer Kultur der Instrumentalisierung?« Hampe gehört zu den Kritikern einer Verzwecklichung von Achtsamkeit und betrachtet mit intellektueller Schärfe den Gegenwartsverlust unserer Zeit. Liane Hofmann wiederum arbeitet am Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene in Freiburg auch zu den unerwünschten Nebenwirkungen von Achtsamkeit, denn in den letzten Jahren machten in den Medien immer wieder – oft aufgebauschte – Berichte die Runde von Menschen, die durch intensive Achtsamkeitspraxis in psychologisch ungesunde Zustände gerieten. Im Gespräch werden die Experten gemeinsam eruieren, welche kulturellen Potenziale von einer heilsamen Bewusstseinsentwicklung ausgehen könnten.

Darüber hinaus wird sich der Kongress damit beschäftigen, was der wachsende Einsatz künstlicher Intelligenz und psychedelischer Mittel mit dem menschlichen Bewusstsein macht. So wird am Beispiel einer Studie zur Wirkung von Psilocybin vorgestellt, welche Rolle bewusstseinsverändernde Substanzen auf dem Weg zu einer Bewusstseinskultur spielen könnten. 

Nadja Rosmann

Links

Programm: www.meditation-wissenschaft.org
Anmeldung: www.meditation-wissenschaft.org/anmeldung