Offener Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz

26. Juli 2023 | _Alle | DBU | Transformation

Bürgerinnen und Bürger sind für den Klimaschutz zu Wandel und Verzicht bereit. Bitte unterstützen Sie auch unpopuläre Klimaschutzmaßnahmen für unser aller Zukunft.

Dieser offene Brief lehnt sich an einen Vorschlag des berühmten vietnamesischen Zen-Lehrers und Friedensaktivisten Thich Nhat Hanh an, wie man an wichtige Entscheidungsträgerinnen und -träger schreiben sollte: wertschätzend und bittend statt fordernd. Geschrieben wurde er von engagierten Mitgliedern der Deutschen Buddhistischen Union (DBU), dem Dachverband buddhistischer Gemeinschaften in Deutschland. Auf der Mitgliederversammlung der DBU im Juni 2023 haben die Delegierten und Verantwortlichen den Brief mit überwältigender Mehrheit unterzeichnet.  Das zeigt die Einigkeit von Menschen aller großen buddhistischen Strömungen – Zen, Theravada und tibetischer Buddhismus – in der Sorge um die Klimazukunft von Mensch und Natur. Wir freuen uns sehr, wenn sich auf dieser Plattform weitere Menschen, unabhängig von ihrem religiösen und politischen Hintergrund, dem offenen Brief anschließen.

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler,

als Bundeskanzler haben Sie eine der schwierigsten Aufgaben in Deutschland übernommen. Mit großer Achtung und Wertschätzung sehen wir, wie Sie sich der Herausforderung stellen und wie unaufgeregt Sie bisher agiert haben. 

Diesen Brief schreiben wir als Teilnehmende, Delegierte, Rats- und Vorstandsmitglieder der jährlichen Mitgliederversammlung der Deutschen Buddhistischen Union, dem Dachverband buddhistischer Gemeinschaften und Einzelmitglieder in Deutschland –, und wir schreiben ihn aus großer Sorge um die Folgen des menschengemachten Klimawandels.

Die seriöse Klimaforschung informiert uns seit Jahren darüber, was Natur und Menschheit erwartet, wenn wir uns als unfähig erweisen sollten, der menschenverursachten Erderhitzung wirksame Maßnahmen entgegenzustellen. 

Leider müssen wir sehen, dass die Prognosen der Klimaforschung einzutreffen beginnen, und das auf eine Weise, die uns erschüttert und mit Sorge und Schmerz erfüllt. Viele von uns haben Kinder oder sind mit Kindern und Jugendlichen beruflich oder persönlich eng verbunden – jungen Menschen, die wir einer leidvollen Zukunft auszusetzen drohen. Anderen steht das bereits eintretende große Leiden nicht menschlichen Lebens, etwa in Form verdurstender Wälder und sich erhitzender Ozeane, drastisch vor Augen.

Zwar sehen wir vonseiten Ihrer Regierungskoalition große Bemühungen um Klimaschutz, befürchten jedoch, dass sie nicht ausreichen werden, unter anderem, weil es starke Kräfte in dieser Koalition gibt, die versuchen, ernsthaften Klimaschutz zu verhindern. 

Gleichzeitig können wir uns kein politisch bedeutsameres Ziel in dieser Zeit vorstellen, als so viel politische Energie und so viele Gelder wie möglich in das entschlossene Handeln dafür zu geben, die drohende und bereits eintretende globale Katastrophe in ihren schlimmsten Formen noch abzuwenden.

Aus buddhistischer Sicht stehen wir Menschen – ebenso wie es die ökologische Forschung betont – in enger wechselseitiger Abhängigkeit und Verbundenheit mit Tieren, Pflanzen und Mikroorganismen. Im Buddhismus sprechen wir von „allen fühlenden Wesen“. Wenn wir die Natur zerstören, zerstören wir uns selbst. Es ist eine Grundlage buddhistischer Praxis, niemanden zu verletzen und die grundlegenden Lebensbedürfnisse alles anderen Lebens auf diesem Planeten nicht nur zu respektieren, sondern auch liebevoll wertzuschätzen – wissend um unser eigenes Eingebundensein in die natürlichen Zusammenhänge.

Oft stellen wir in Gesprächen mit nicht buddhistischen Menschen in unserer Umgebung fest, dass wir uns einig darin sind: Ohne die Bereitschaft zur Selbstbegrenzung, konkret ohne Verzicht auf Konsum-, Mobilitäts- und Wirtschaftsformen, die bislang in Industrieländern selbstverständlich schienen, wird die Wende zu einer klimafreundlichen, zukunftsfähigen Lebensweise nicht möglich sein. Als Buddhistinnen und Buddhisten sind wir bereit zu diesem Wandel und wissen: Wir stehen mit dieser Haltung nicht allein. 

Sie sind ein Politiker und Bundeskanzler, der Bedachtsamkeit, Unaufgeregtheit und vor allem den wertvollen Verzicht auf populistische, von Boulevardmedien geschürte Anbiederungen an angebliche „Stimmungen draußen im Land“ ausstrahlt. 

Es gibt viele, viele Menschen in diesem Land, die, wie wir, eine konsequente Wende zu einem effektiven Klimaschutz in Deutschland wünschen und bereit sind, die Härten und Schwierigkeiten, die unweigerlich damit einhergehen werden, persönlich zu tragen und ihren Mitmenschen tragen zu helfen. 

Bitte tun Sie alles, um auch auch die unpopulären Maßnahmen zum Klima- und Zukunftsschutz, die dringend notwendig sind, politisch durchzusetzen und in die Bevölkerung hinein zu kommunizieren. 

Dafür danken wir Ihnen im Voraus.

Hier können Sie den offenen Brief unterzeichnen:

Wir sind für den Klimaschutz zu Wandel und Verzicht bereit: weact.campact.de/petitions/wir-sind-fur-den-klimaschutz-zu-wandel-und-verzicht-bereit